Die Sandmühle in Altbernsdorf
Die am Ende der Görlitzer Straße auf dem Sandmühlplatz gelegene Sandmühle scheint lange Zeit die Bedeutendste unter den hier dargestellten Mühlen gewesen zu sein. Sie hat ihre dominierende Rolle vielleicht schon wegen ihrer zentralen Lage zwischen den Kunnersdorfer, Altbernsdorfer und Schönauer Mühlen gespielt. Aber auch manch anderes deutet auf ihre Position hin, z.B. daß fast alle Quartale (die vierteljährlichen Innungsversammlungen) der Müller im 18. und 19.Jahrhundert in der Sandmühle stattfanden, daß die Mühle bis zu ihrer Auflösung 3 Mahlgänge hatte, gegenüber den anderen Mühlen mit nur zwei, daß die Sandmüller Emrich, Schönfelder und andere in der Innung ein gewichtiges Wort hatten, daß hinter der Mühle sogar eine Reitbahn für den Sandmüller angelegt war. Auch recht spendabel war der Sandmüller Hans Christoph Emrich, worauf folgender Eintrag im Handwerksbuch der Müller schließen läßt, denn eine Innungsfahne zu stiften war schon nichts Alltägliches: „Anno 1728, den 21.Mäy, haben wir Bey Meister Hans Christoph Emrichen, Sandmüller, In bey sein sämtlicher, Meistern und gesellen, auß unsern hiesigen Kreise, bey offentlicher Lade quarthal gehalten, und ist alles friedlich und schiedlich zu gegangen, auch hat an diesen quarthal, M. Hans Christoph Emrich, sandt Müller, den Handwerk der Müller zu Ehren, auf den viel komen, Eine silberne Fahne geschenkt...“
Die Herkunft des Namens „Sandmühle“ ist unbekannt, er ist vermutlich schon im 17. Jahrhundert geläufig gewesen, denn im Handwerksbuch ist schon von Anfang an (1708) von der „sandt Mühle“ geschrieben, nach der auch der Sandmühlplatz (1894 Sandmühlplan) benannt wurde. Die Mühle ist eine der zwei bereits 1380 im Zinsregister des Klosters St. Marienstern genannten Altbernsdorfer Mühlen. Das Kloster verpachtete sie wie auch die andere auf Zeit. Das Handwerksbuch verzeichnet im 18. Jahrhundert folgende Sandmüller:
1708 Michael Klembt, 1715 Hanß Christof Emrich, 1734 Johann Christof Ay, 1752 Christiph Großer, 1765 Johann George Großer (er übernimmt die Mühle 1768 in Erbpacht), 1784 Erbpachtmüller Johann Traugott Schönfelder (noch 1816), 1828 Erbpachtmüller Christian Friedrich Härtig. 1853 erwirbt Meister Carl Friedrich Schönfelder die Sandmühle, die zu dieser Zeit nach wie vor 3 Mahlgänge hat, obwohl eine Erweiterung von 2 auf 3 Mahlgänge den anderen Mühlen vom Kloster nicht gestattet war. Sandmüller Schönfelder erlebt die große Wasserflut der Pließnitz 1880, die seiner Mühle beträchtlichen Schaden brachte. Bei Kruschwitz lesen wir darüber: „Dem Besitzer der Sandmühle war nicht nur durch theilweise Verschüttung und Beschädigung seines Mühl- und Abzugsgrabens und Verschlammung des Mühlwerkes ein bedeutender Schaden verursacht worden. Die eindringenden Gewässer hatten auch einen bedeutenden Vorrath von Kleesamen im Werthe von mehreren Tausend Thalern gänzlich unbrauchbar gemacht.“
Dafür blieb der Sandmühle das Schicksal der Bornmühle und später auch der Roten Mühle erspart, die durch Brände vernichtet wurden. Trotz der eng benachbarten Lage zur Neustadt und zur Görlitzer Straße griffen die Flammen sowohl beim Brand der Neustadt 1786 als auch beim Brand der unteren Görlitzer Gasse 1826 nicht auf die Mühle über.
Mag das Hochwasser mit seinem großen Schaden oder vielleicht das Alter des Meisters Ursache gewesen sein - Carl Friedrich Schönfelder verkauft im gleichen Jahr 1880 das Mühlengrundstück samt „Restgrundstück“ (das Ackerland) für 30.000 Mark (=10.000 Taler) an seinen Sohn Carl Gustav Schönfelder. Der Käufer erhält dazu, ebenfalls gegen Kaufpreis, 3 Pferde mit Geschirren für schweres Fuhrwerk, 1 einspänniges Kutschgeschirr, 1 Pferdeschlitten, 1 Spazierwagen, 1 breitfelgiger Lastwagen, 1 starker Wirtschaftswagen, 1 leichter offener Wagen, 1 Korbschlitten und sämtliche Ackergeräte. Diese Aufzählung laut Kaufurkunde läßt den Schluß zu, daß die Mühle recht wohlhabend gewesen sein muß. Zum Mühlengrundstück gehörte auch das Haus Görlitzer Straße 51 (Theurich) als Gedinge für die Witwe des Vorbesitzers Härtig. Interessant ist auch, daß zur Zeit des Mühlenverkaufs noch ein Prozess des Carl Friedrich Schönfelder gegen Schmiedemeister Johann Ernst Beyer wegen „Beeinträchtigung des Mühlengrundstücks“ lief, (diese Schmiede war die spätere Landmaschinenschlosserei von Otto Hoffmann, (heute Schuhgeschäft Schüller). Die hinter dem Gedingehaus und der Schmiede verlaufende Reitbahn hatte sich der Altmüller beim Verkauf zur alleinigen Benutzung reserviert.
Die Auflösung der Getreidemühle am Sandmühlplatz erfolgte um 1900. Die Stadt Bernstadt richtete im Mühlenhaus, das in ihren Besitz überging, ein Elektrizitätswerk ein. Anfangs trieb das Mühlrad bzw. eine Wasserturbine einen Generator für 110 V Gleichstrom, später auch für 220 V Drehstrom. Nach 1920 wurden Dieselaggregate angeschafft, doch die stadteigene Erzeugung wurde mit der Zeit unwirtschaftlich - In den 1930er Jahren wurde Drehstrom von den Stadtwerken Zittau bezogen, der im Bernstädter Eltwerk in Gleichstrom umgewandelt wurde.
1953 erfolgte die Umstellung des gesamten Gleichstromnetzes auf Drehstrom. Das Eltwerk wurde 1958 stillgelegt. Im Jahr (1961?) kam das Mühlengebäude wieder zu Altbernsdorf und wird seitdem für Wohnzwecke genutzt.
Die ehemalige Sandmühle um 1980.
Das Stauwehr der Sandmühle (Kirchwehr) mit beiden Schützen und dem seitlichen Abflußkanal.