Die Bornmühle in Kunnersdorf
Unterhalb der Bernstädter Borngasse, Am Pließnitztal 1 neben der Sporthalle, stehen die Gebäude der ehemaligen Bornmühle. Gasse und Mühle haben ihren Namen nach einem Born, „einer Quelle“, die hier einst hinter der Mühle ein wohlschmeckendes Wasser gab, das die Leute oft in Krügen nach Hause holten. Im Volksmund hieß die Quelle „Börnel“. Die heute stehenden Gebäude sind nicht mehr die ursprüngliche Mühle. Sie wurde beim Stadtbrand 1828 ein Opfer der Flammen und brannte bis auf die Grundmauern nieder.
Das Mühlenhaus ist danach neu erbaut worden, woran auf einer steinernen Tafel über der Haustür erinnert wird:
„Nach dem großen Brande gebaut und vergrößert von Johann Carl Gottfriedt Schönfelder 1829.“
Die ehemalige Bornmühle in Kunnersdorf, 2004
Die Bornmühle war immer eine Getreidemühle und hat keiner andern Produktion gedient, solange sie Mahlmühle war. Wann an dieser Stelle die erste Mühle gestanden hat, bleibt auch bei der Bornmühle im Dunkeln. Von Anfang an könnte aber gerade diese Mühle eine enge Beziehung zum benachbarten klösterlichen Amtshaus, dem Sitz des Klostervertreters für den Eigenschen Kreis, und damit zum Kloster selbst gehabt haben, was äußerlich schon in den Bezeichnungen „Amtshaus an der Bornmühle“, „Amtshaus zur Bornmühle“ oder „Die Bornmühle im Amtshofe“ zum Ausdruck kommt. Die Besitzer bzw. Pächter sind auch für die Bornmühle erst nach 1635 in den Kirchenbüchern und ab 1708 im Handwerksbuch der Müller namentlich genannt.
Bornmüller waren: 1638 Christoph Kummer, 1640 Paul Schneider, 1643 Michael Heine, 1645 Christoph Hanspach, 1657 Lazaro Pitzsch, 1672 Zacharias Gittel, 1674 Christof Ulbrecht, 1708 Marcuß Emrich (noch 1730), 1734 Elias Kretschmer (noch 1752), 1760 Christoph Seydel, 1784 Johann Gottfried Schönfelder (noch 1809), 1813 Carl Gottfried Schönfelder (er war ab 1828 Oberältester der Müllerinnung, 1836 übernahm er die Mühle in Erbpacht für 1150 Reichstaler), und 1845 August Schönfelder. Von Letztgenannten lesen wir im Bernstädter Wochenblatt vom 06.11.1845 folgende Annonce: „Durch eine vorteilhafte Veränderung meiner Graupenmühle, bin ich in den Stand gesetzt alle Sorten Graupen um einen niedrigenen Preis als früher liefern zu können. Auch ist fortwährend guter Weizen-Gries bei mir zu haben, worauf ich besonders die damit Handeltreibenden aufmerksam mache.
Desgleichen liegen eine bedeutende Quantität gute Roggen-Kleie zum billigsten Preise zum Verkauf bei August Schönfelder in der Bornmühle.“ Wir sehen, daß in einer Zeit maschinellen Fortschritts auch die Mahlmühlen der Notwendigkeit technischer Neuerung folgten. Die Arbeit in einer Mühle war nicht ungefährlich, zumal bei technischen Neuerungen. Aber auch Leichtsinn konnte zu schlimmen Unfällen führen, wie ein Vorfall in der Bornmühle zeigt, der sowohl in der Zeitung „Sächsischer Postillion“ vom 12.02.1857 als auch in den „Budissiner Nachrichten“ mitgeteilt wurde: Das Getreide wurde in der Mühle mit einem Sackstuhl, einem sogenannten amerikanischen Zug, ins zweite Stockwerk befördert. Diesen Aufzug benutzten zwei Mühlenhelfer an jenem Tage, um sich das Treppensteigen zu ersparen, als ein Riemen auf der durch Wasserkraft bewegten Welle riss und beide Müllerburschen abstürzten. Geselle Herberg kam verletzt davon, Lehrling Ay wurde tödlich am Kopf getroffen.
Schon bei der Darstellung der Obermühle wurde auf die Hochwassergefahr hingewiesen. Für die Pließnitz trifft das besonders zu. Die Geschichte des Flusses ist eine Geschichte von Hochwassern und Flutkatastrophen, und immer sind flußnahe Mühlen betroffen. So auch die Bornmühle. Immer, wenn die Pließnitz über die Ufer trat, stand das Wasser in den Mühlräumen, zerstörte Mahlanlagen und vernichtete Vorräte, forderte sogar Menschenleben, wie bei der Flut von 1703, wo der Müllerbursche Johann Liersche bei Sicherungsarbeiten ertrank. Beim Jahrhunderthochwasser 1880 stand das Wasser meterhoch im Mühlhaus.
Bis in die Gegend der heutigen Promenade hinter der Kaufhalle waren Getreidesäcke aus der Bornmühle fortgeschwemmt worden und waren aufgeplatzt. Der darin enthaltene Roggen war später beim Einebnen der Sand- und Schlammanhäufungen weitflächig verteilt worden und ging auf, als ob eingesät wurde. Das ganze 19. Jahrhundert hindurch erfüllte die Bornmühle ihre Funktion als Getreidemühle, auch als 1857 in enger Nachbarschaft an der Stelle des klösterlichen Amtshauses, der Zittauer Unternehmer Michaelseen seine Kattunfabrik errichtete. Um 1900 kaufte die Firma Schüller & Co., die nun an Stelle der Kattunfabrik ihre Baumwollspinnerei betrieb, die Mühlengebäude.
Wahrscheinlich wurde dann noch einige Zeit gemahlen. Herr Emil Dauscha, ab 1950 Betriebsleiter, erinnert sich, daß 1950 das Mühlrad noch vorhanden war und der Mühlbach noch Wasser führte. Das Mühlrad wurde im gleichen Jahr noch abgebaut. Die Fa. Schüller richtete im Hauptgebäude oben eine Tischlerei, unten die Betriebsschlosserei ein. Im angebauten Vordergebäude wurden verschiedene Betriebseinrichtungen untergebracht: eine Schwesternstation zur gesundheitlichen Betreuung der Betriebsangehörigen, auch Ruheräume, später physiotherapeutische Praxis. Heute dienen die Mühlengebäude der Dienstleistung: Ein Betrieb der Elektroinstallation und (seit 1991) eine Fahrschule haben sich nach der Wende hier niedergelassen.